Wenn durch Corona dein Lieblingsort verschwindet
Das kulturelle Leben steht still. Die Brisanz dieser Situation spiegelt sich in der Biographie der Mönchengladbacher Unternehmerin Rebecca Donner wider. Sie musste letzte Woche ihre Musikschule groove! nach drei Jahren intensivem und erfolgreichem Aufbau räumen.
Es ist ein Schock! Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Dozentinnen und Dozenten. Alle verlieren neben Rebecca Donner einen wichtigen Ort. Sie verlieren neben ihrem zuhause in dem sie sich unkonventionell musisch aus- und weiterbilden konnten auch eine wichtige soziale Anlaufstelle in der Stadt.
groove!, das war weit mehr als das, was man sich unter einer klassischen Musikschule vorstellt. Ein Ort an dem die Kreativität allgegenwärtig war. Stand man in den alten Hallen mit Industriecharme, den bunten Fluren und Schulräumen hat sich das immer mehr nach kreativer Musikfabrik angefühlt, als einer normalen Schule. Hier konnte man lernen, seinen eigenen Podcast zu produzieren, Auftreten, Bandproben realisieren, Songs aufnehmen oder in einer Big Band spielen. „Gemeinsam Musik machen“, war schon immer Rebeccas anliegen. „Musik verbindet Menschen unabhängig von Herkunft, Religion oder sozialem Stand“, so seit Beginn Donners Credo.
Begegnung im Namen von groove war Rebecca Donner aber auch immer außerhalb der Musikschule wichtig. So oft es ging, wurde die Gladbacher Kulturmarke in den öffentlichen Raum getragen. Neben Musikflashmobs in der städtischen Bibliothek und Chorprojekten wie „Kalle“, dem Chor für Alle, gab es immer wieder Projekte um sich zu vernetzen und Ausschau nach neuen Kunden zu halten.
Alles sah so gut aus für das junge Unternehmen. Die Mitgliederzahlen stiegen nach der Übernahme im Jahr 2017 dann 2018 bereits an. Alles entwickelte sich gut. Rebecca Donner öffnete ihre Schule für Aufstellungen und Events, vernetzte sich mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern.
Und dann kam Corona.
Innerhalb nur einer Woche stellte sie den Betrieb des Einzelunterrichts mit der Hilfe ihres Dozententeams von analog auf digital um, informierte alle Schülerinnen und Schüler und es ging weiter. Trotzdem blieben Einnahmen aus Events, Gruppenangeboten und allen weiteren Präsenzkursen aus. Geld fehlt und Mietrückstände ergeben sich. Die aus der freien Wirtschaft stammende Unternehmerin jongliert zwischen Schule, Familie und Banken. Am Ende wird sie zwecks Umschuldungen immer nur belächelt, denn ihre Verluste seien nicht groß genug. Alle Versuche eine neue Liquidität herzustellen scheitern bei den Banken und Corona-Sofortmaßnahmen sind für eine Einzelunternehmerin in der Form nicht zu bekommen.
Am Ende kündigt der Vermieter fristlos und innerhalb einer Woche muss die Schule schließen.
Bei der Räumung fließen Tränen, eine Schülerin holt noch ihr Schlagzeug ab, fragt sich, wo sie nun weiter macht und was Rebecca Donner wird. Sie fragt sich, wo sich nun austoben und gemeinsam mit anderen Musikerinnen und Musikern ihrem Hobby so nach gehen kann, wie es bei groove! war.
Corona mag Chancen für die Kulturszene mit sich bringen, wenn man die Möglichkeit hat sich Kapital zu leihen oder gute Rücklagen hat und diese für neue Konzepte aufs Spiel setzten will. Das kann von jungen Unternehmen aber nicht verlangt werden. Unterstützung gibt es nicht!
Diese Szenario, wie es Rebecca Donner mit ihrem Herzensprojekt groove!, der kreativen Musikfabrik für Mönchengladbach gerade durchmacht, wird es in Zukunft noch öfter geben. Das ist eine große Tragödie und vernichtet große Potenziale dieser Stadt.
von Silke Müller